My Fair Lady

Musical in zwei Akten und 18 Bildern von Alan Jay Lerner





Komponist:

Frederik Loewe

Vorlage:

Komödie "Pygmalion" von George Bernard Shaw

Arrangement:

Robert Russel und Phil J. Langenbach

Arrangment der Tanzmusik:

Trude Rittman

Deutschsprachige Fassung:

Robert Gilbert

Uraufführung:

15.3.1956, New York

Min. 2717 Aufführungen in Folge



Musik

Die Musik ist insgesamt sehr gefällig und eingängig (einfach zu verstehen), es kommen viele traditionelle Rhythmen vor und es gibt einige Anklänge an die Wiener bzw. Berliner Operette.

Text

Der Oridinaltext vom "Pygmalion" wurde Theaterwirksam, d.h. passend auf Melodien und vereinfacht, gemacht. Außerdem wurden einige neue Szenen wie Ascot oder den Botschaftsball eingebaut. Die Gesangstexte wurden so natürlich gehalten, daß sie den Dialog entweder rhythmisch oder auch im Wortspiel weiterführen.

Musikalische Besetzung

klassisches Orchester mit Schlagzeug

Inhalt

I. Akt

Das Blumenmädchen Eliza wartet vor dem Covent Garden Theatre (in London zur Zeit der Queen Victoria) auf mögliche Käufer. Der Junge Freddy Eyesford-Hill rempelt sie ungeschickt an, so daß der Korb mit den Veilchensträußehen in den Straßenschmutz fällt. Er läuft davon, um eine Droschke anzuhalten. Eliza weint und kreischt, weil ihr niemand den entstandenen Schaden ersetzt. Sie versucht, einem älteren Herrn einen Strauß anzudrehen.

Da tritt ein zweiter Herr mittleren Alters hinzu, der Phonetikprofessor und Sprachforscher Henry Higgins. Er hat jedes Wort des Mädchens in ein Notizbuch geschrieben und sagt jedem der Umstehenden aufgrund seiner Aussprache auf den Kopf zu, aus welchem Stadtteil er stammt. Er analysiert das erschreckende Englisch Elizas, behauptet aber, daß er sie, obwohl sie für die Gosse bestimmt sei, durch gezielten Sprachunterricht innerhalb eines halben Jahres als Herzogin auf einem Botschaftsball einfuhren könne, ohne daß jemand etwas von ihrer Herkunft merke. Die Männer - der andere ist Oberst Pickering - schließen Bekanntschaft und tauschen ihre Adressen aus. Higgins ersetzt dem Mädchen mit einer Handvoll Kleingeld den Schaden des Remplers von Freddy. Es ist überglücklich und träumt von seinen bescheidenen Wünschen: einem warmen Zimmer mit genug Kohlen und viel Schokolade. Auf dem Heimweg trifft es seinen Vater, der ähnlich anspruchslos ist, und gibt ihm eine kleine Münze für die Kneipe.

Am nächsten Tag sitzen die beiden neu befreundeten Herren in Higgins' Phonetikstudio. Die Haushälterin, Frau Pearce, meldet Eliza. Sie möchte Sprachunterricht, um in einem vornehmen Blumenladen Verkäuferin werden zu können. Als Higgins sie hinauswerfen lassen will, bietet ihm Pickering eine Wette an: Er sei bestimmt nicht imstande, sie in einem halben Jahr in eine feine Dame der Gesellschaft zu verwandeln. Higgins nimmt diese Wette an. Wenn auch alles gut zu gehen scheint, ahnt er, daß es in seinem Haus mit der Ruhe aus sein wird, da nun eine Frau mit ihm zusdammen wohnt.

Die erste Unruhe bringt der Müllkutscher Alfred Doolittle, Elizas Vater, ins Haus. Er möchte davon profitieren, daß Eliza bei dem Professor wohnt und will sie sozusagen vermieten. Er sei zu arm, um moralisch zu sein, aber für 5 £ würde er seine Vaterrechte verkaufen. Seine ulkige Art amüsiert die beiden Herren, und Higgins läßt ihn durch Frau Pearce einem Bekannten empfehlen.
Der Unterricht mit Eliza gestaltet sich komplizierter als gedacht. Als sie ihre Vokale nicht kann, sperrt er ihr das Essen und vor allem die Schokolade. Die Ärmste gerät darüber so in Wut, daß sie ihn am liebsten umbringen würde.

Higgins hat nach einiger Übungszeit nun den Mut und stellt sie beim Rennen in Ascot der feinen Gesellschaft vor.

Dort treffen die drei nicht nur auf Higgins' Mutter, sondern auch auf Mrs. Eynsford-Hill und ihren Sohn Freddy, die am Anfang des Stückes auftraten. Beide wissen nicht, woher sie das blendend aussehende Mädchen mit der glänzenden Aussprache und dem seltsamen Benehmen kennen. Alles geht gut, bis Freddy ihr, bevor er weggeht, einen Wettschein schenkt. Als das Pferd zurückbleibt, fällt Eliza total aus der Rolle (Sie schreit: "Loof, oder ick blas dir Pfeffer in 'n Arsch!")

Freddy macht sich nichts daraus. Er hat sich sogar in die Straße, in der sie wohnt, verliebt.

Eliza bleibt davon unberührt und lernt jetzt mehr unter der Anleitung des vornehmen Oberst Pickering weiter. Die Wette muß endlich entschieden werden. Higgins und der Oberst nehmen sie zum Botschaftsball mit. Dort wird das ehemalige Blumenmädchen von der Königin von Transsylvanien als ebenbürtig behandelt. Higgins hat gewonnen!

II. Akt

Um drei Uhr nachts kommen die drei zurück in Higgins' Haus. Der ist überglücklich, daß ihm sein Vorhaben gelungen ist und er seine Wette gewonnen hat. Pickering bewundert ihn.

Eliza, die ja eigentlich die Wette gewonnen hat, bleibt unbeachtet. Sie ist für Higgins bloßer Gegenstand des Experiments, kein ebenbürtiger Mensch. Als sie nach einem Riesenkrach das Haus verläßt, steht Freddy vor der Tür. Auch er bekommt ihre Wut zu spüren.

Sie flüchtet zu ihrem Vater auf den Blumenmarkt, trifft ihn allerdings in einem ungünstigen Augenblick. Er ist durch eine kuriose Verkettung von Umständen reich geworden, worüber er gar nicht glücklich ist, und steht kurz vor der Heirat.

Nun sucht sie bei Mrs. Higgins Trost. Henry findet sie dort, benimmt sich aber wieder so falsch, daß sie ihn trotz ihrer Liebe endgültig verläßt. In seinem Studio läßt er sich auf dem Grammophon ihre Stimme vorspielen und erkennt, welch einen wunderbaren Menschen er verloren hat.

Eliza, die noch ein paar Sachen holen will, beobachtet ihn und begreift, daß auch er sie liebt, wenn auch auf seine Art.

Das Ende bleibt in der Originalfassung offen , wenn man auch davon ausgehen kann, daß sie ein Paar werden. In der Filmversion mit Aüdrey Hepburn und Rex Harrison kommt es zum Happy-End. Eine Neuinszenierung in Berlin beschert Eliza einen eigenen Blumenladen in vornehmer Gegend. Dieser Schluß wurde allerdings von den Inhabern der Rechte erfolgreich angefochten. Die Inszenierung mußte geändert werden.

Erfolg

Die Qualität des Musicals beruht neben der eindrucksvollen und eingängigen Musik Loewes hauptsächlich auf dem brillanten Text G. B. Shaws. Lerner hat ihn allerdings noch zusätzlich musiktheaterwirksam aufbereitet. Die große Anzahl von Personen in den Szenen auf dem Blumenmarkt und in dem Wohnviertel zeigen die Welt der Armen, des Proletariats umfassender als Shaws spärliche, kammerspielmäßige Personenliste. Die Welt von Pickering und Higgins, dem Adel, wird durch die zusätzlich eingefügten Szenen in Ascot und dem Ball in der Botschaft hervorragend ironisiert dargestellt. Köstlich, wie z. B. die Ladies und Gentlemen mit Wagenradhüten und grauen Zylindern das nicht sichtbare Pferderennen verfolgen.

Frederik Loewe

Loewes Musik ist nicht so sehr "amerikanisch", weil, er 1904 in Wien geboren wurde und in Berlin aufwuchs. Mit 20 Jahren wanderte er in die Vereinigten Staaten aus und hielt sich als Barpianist, Boy, Reitlehrer, Preisboxer, Goldgräber und Briefträger über Wasser. Obwohl er schon mit 15 Jahren seinen ersten Schlager komponiert hatte ("Kathrin, du hast die schönsten Beine von Berlin"), versuchte er sich erst wieder seit 1935 an Liedern und schließlich Musicals. "My Fair Lady" ist nicht sehr modernistisch und benutzt die hergebrachten rhythmischen Elemente mit Anklängen an die Wiener und Berliner Operette. Vielleicht erklärt sich mit dadurch der immense, weltweite Erfolg der einzelnen Musiknummern, die auch einzeln zu Schlagern wurden.